Theodor-Fontane-Freundeskreis M/V – Kloster Dobbertin
Mitglied in der Theodor Fontane Gesellschaft e.V.
       


 


Einladung ins FONTANE-LAND

Am 9. Juli hatte unser Fontane-Freundeskreis eine besonders angenehme Aufgabe – gemeinsam mit dem Förderverein des Klosters Dobbertin und ganz besonders vielen Gästen konnte er die erste Ausstellung in der neueren Geschichte unserer Klostermauern eröffnen.


Dobbertiner Klosterkirche

Der Maler selbst, Hans-Jürgen Gaudeck1 aus Berlin, hat es sich nicht nehmen lassen, selbst an der Vernissage teilzunehmen. Und er war nicht der einzige prominente Gast: als Eröffnungsredner konnten wir Gotthard Erler2 gewinnen –einen der besten Fontane-Kenner und wohl auch einen der wichtigsten Herausgeber Fontane’scher Werke und Selbstzeugnisse. Dass er auf unsere Anfrage nach einer Eröffnungsrede zur Gaudeck-Ausstellung gern zusagte, hat seinen Grund; das Thema „Fontane und die bildende Kunst“ hat Gotthard Erler schon früher beschäftigt.


Eröffnungsredner Gotthard Erler

Und so spannte unser Redner einen ersten Bogen – zunächst von Adolf Menzel, den Fontane bereits aus dem „Tunnel über der Spree“ kannte, über Ludwig Burger, einem der Illustratoren seiner Werke, bis hin zu Max Liebermann, der zu den späteren Porträtmalern des Märkers gehört (1896). Doch Fontanes Interesse ging über die Werke seiner Freunde und Zeitgenossen hinaus. Während seines Englandaufenthaltes hat Theodor Fontane auch Ausstellungen britischer Maler besucht und für das deutsche Publikum rezensiert, hier die Werke der Präraffaeliten und die Landschaftsmalerei eines William Turner kennengelernt. Vielfache Beschreibungen von Werken der bildenden Kunst finden sich darüber hinaus in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ – und sie zeugen von dem großen Interesse, das Theodor Fontane dieser Kunstgattung entgegenbrachte.

Den zweiten Bogen seiner anregenden Rede spannt Gotthard Erler von Eduard Hildebrandt, dem Landschaftsmaler und Zeitgenossen Theodor Fontanes, hin zu Hans-Joachim Gaudeck. Wie Hildebrandt ist Gaudeck ein Reisender, der seine Eindrücke und die Stimmung, die von entdeckten Orten ausgeht, für den Betrachter im Spiel des Lichts festhält.
Es ist ganz offensichtlich, dass unserem Redner die Aquarelle Hans-Jürgen Gaudecks sehr gefallen – es sei „eine Freude“, sie zu betrachten und dem FONTANE-LAND-Brückenschlag nachzuspüren.


Hans-Jürgen Gaudeck

In seinen einleitenden Worten führte Hans-Jürgen Gaudeck diesen Gedanken weiter – auch er habe während der Beschäftigung mit den Fontane-Orten und deren fast intuitiver bildnerischer Umsetzung den Dichter Fontane und sein Werk noch besser kennengelernt. Und er beschreibt die Erarbeitung der Texte: Hans-Joachim Gaudeck hat die Fontane-Texte aus den Ursprungsausgaben der „Wanderungen“ entnommen, die für ihn einen ganz besonderen Reiz haben.

Die Ausstellung „FONTANE-LAND“ und die Arbeit unseres Freundeskreises waren bereits Gegenstand einer sehr positiven Rezension im NDR-Hörfunk („Kulturjournal“ am 11.07.2011) – und es bleibt zu wünschen, dass recht viele Menschen sich von den aquarellistischen „Wanderungen“ Hans-Jürgen Gaudecks ebenso anregen lassen wie die Besucher der Vernissage!   

Die Ausstellung im Klosterladen und im Konventsaal wird durch ein Beiheft ergänzt, das der Freundeskreis herausgegeben hat und das dem Betrachter „den Text zum Bild“ bereitstellt. Sie wird noch bis zum 21. August, jeweils von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr (außer montags) zu sehen sein. (Interessenten können die ausgestellten Werke auch käuflich erwerben.)

Gabriele Liebenow

Theodor Fontane (Texte), Hans-Jürgen Gaudeck (Aquarelle):
Fontane-Land.
HSB-Verlag, Stuttgart, 2011. ISBN 978-3-9810177-5-5,  19,90 €

1 www.gaudeck.com
2 vgl. wikipedia.

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9. Juli 2011     Gotthard Erler, Berlin:
Frauen und Frauenbilder bei Theodor Fontane. Emilie, Mete, Effi und andere.

„Wer Fontane über sein Werk hinaus kennenlernen und einen ganz neuen Zugang zu seinem Oeuvre entdecken möchte, kommt nicht an den Frauen vorbei, die er geliebt, geschätzt – oder mit großer Sympathie gestaltet hat“ – so stand es im Jahresprogramm.
Und wer könnte uns diesen Gedanken besser näherbringen als Gotthard Erler? Unseren Stammgästen ist Dr. Erler auch persönlich kein Unbekannter1, und nach der krankheitsbedingten Absage aus dem Vorjahr war es uns eine ganz besondere Freude, ihn erneut bei uns in Dobbertin zu haben.

Im Anschluss an die Vernissage also der Vortrag „Fontane und die Frauen“, dessen Termin nicht zufällig auf den 201. Geburtstag Mathilde von Rohrs traf – auch wenn diesmal andere „Fontane-Frauen“ im Mittelpunkt standen.

Allen voran Emilie Rouanet-Kummer2, die nach fünfjähriger Verlobungszeit im Jahr 1850 endlich Frau Fontane wird. Von der Fontane-Forschung bestenfalls am Rande wahrgenommen, meist jedoch als Unperson abgetan, erscheint sie erst im Licht des von Gotthard Erler herausgegebenen Ehebriefwechsels als das, was sie ist – eine ebenbürtige Partnerin des Dichters, die durchaus in eine Reihe mit Katia Mann gehört. Beide haben ihren Ehepartnern „den Rücken frei gehalten“, beide haben die Werke ihrer Partner vor deren Erscheinen gekannt und ganz sicher ihre Meinung dazu gesagt, beide haben mitgearbeitet: so hat Emilie Fontane fast alle Manuskripte ihres Mannes abgeschrieben und verlagsfertig vorbereitet. Sicher gab es Konflikte, die unser Referent nicht verschweigt, sicherlich mussten die Fontanes sich erst „zusammenraufen“. Emilie hatte es gewiss nicht leicht mit ihrem Theodor – doch aus vereinzelten ärgerlichen Bemerkungen des Dichters in persönlichen Briefen auf eine unglückliche Ehe zu schließen, ist schlicht falsch.
Gotthard Erler erinnert daran, dass Theodor Fontane über fast 50 Ehejahre hinweg wohl einer der treuesten Ehemänner in der Literaturgeschichte gewesen ist – und dass solche wunderbaren Frauengestalten wie Lene Nimptsch, die er in den Fokus seiner Werke stellt, nicht etwa Ersatz- und Wunschfiguren ihres Schöpfers sind. Es sind Frauen, für deren literarische Gestaltung die Realität wohl die Ideen geliefert hat, wie für Effi Briest oder Christine Holk – für deren lebensvolle Ausführung jedoch nicht solche persönlichen Wünsche, sondern seine exzellente Beobachtungsgabe – und seine Phantasie – gesorgt haben.
Gotthard Erler verweist nicht nur auf die Haupt- und Titelfiguren der Fontane’schen Romane – die alle, wie der märkische Autor selbst gesagt hat, einen „Knax“ haben und deren (fiktives) Schicksal ihn gerade deshalb gereizt hat. Unser Referent nennt viele weibliche „Nebenfiguren“ der großen Romane, die nicht selten mit gleicher Sympathie, Plastizität und Akribie gestaltet sind (und die es wert sind, dass man allein um ihretwillen den einen oder anderen Roman noch einmal zur Hand nimmt).
         
Und schließlich Mete, die 1860 geborene Tochter Martha. Vielleicht als einziges Mädchen besonders geliebt, jedenfalls ganz „Vaters Tochter“ – mit brillantem Geist, interessiert an allem, was auch dem Vater wichtig ist, Gesprächspartnerin, begabt auch in der vom Vater so geschätzten „Causerie“. Martha Fontane erhält eine profunde Ausbildung, wird Lehrerin und arbeitet einige Zeit als Erzieherin und Hauslehrerin bei einer Familie in Klein-Dammer. Doch fortgesetzte Erkrankungen führen sie schließlich zurück ins Elternhaus, wo sie mit einigen Unterbrechungen – Reisen, Kuraufenthalte und Besuche bei Freundinnen – bis nach dem Tod ihres Vaters bleibt. Ihre fragile Gesundheit und die wiederkehrenden psychischen Probleme seiner Tochter geben Theodor Fontane viel Gelegenheit, auch für Mete der „Familienarzt“ zu sein – mal mokiert er sich ein wenig darüber, dass sie sich gegen ihre Ängste tapfer mit einer Flasche Rotwein verteidigt, mal beschreibt er ihr Leiden so genau, wie es nach ihm erst Sigmund Freud in ähnlichen Fällen getan hat.
Erst kurz vor seinem Tod stellt Mete ihrem Vater den Architekten und Herausgeber K.E.O. Fritsch als ihren künftigen Ehemann vor. Der wesentlich Ältere wird für die 39Jährige zu einem verständnisvollen Partner und teilt ihr unstetes Leben zwischen Waren und Berlin. Zwei Jahre nach seinem Tod 1915 setzt Mete Fontane ihrem Leben in Waren ein Ende.

Neben dem engsten Kreis der Frauen um Theodor Fontane vergisst Gotthard Erler jedoch auch die Schwiegertöchter nicht – und auch nicht die oft langjährigen Wirtschafterinnen im Hause Fontane.

Wie es immer ist nach einem Erler-Vortrag: vieles Bekannte erscheint in neuem Zusammenhang neu, wirklich Neues ist einzusortieren – und die vielen Zuhörer haben eine Fülle von Lese-Anregungen mit nach Hause genommen, denn manches Frauenporträt und so manchen Gedanken seines schier unerschöpflichen Themas konnte unser Referent in der gebotenen zeitlichen Begrenztheit nur anreißen. Also: lesen wir Fontane!

Gabriele Liebenow 

Gotthard Erler (Hrsg.): Meine liebe Mete. Ein Briefgespräch zwischen Eltern und Tochter. Aufbau, Berlin 2001, ISBN 3-7466-5288-X
Regina Dieterle: Die Tochter. Das Leben der Martha Fontane. Hanser, München 2006, ISBN 3-446-20774-0

1 Vgl. Rezension im Archiv: 29. August 2009: „Theodor Fontane, die Ärzte und die Apotheker“.
2 „Gotthard und Emilie - eine Liebesgeschichte über ein Jahrhundert hinweg? Wer die wunderschöne Biografie von Gotthard Erler, dem großen Fontane-Herausgeber des Aufbauverlags, über Emilie, die Frau des Schriftstellers, liest, kann die Frage nur mit Ja beantworten.“ Unter „Ich klage nicht“ findet sich im Internet – hoffentlich noch lange – ein taz-Artikel von 2002, der (außer dieser kleinen Frechheit) eine hervorragende Rezension des Ehebriefwechsels enthält und das Verdienst Gotthard Erlers um Emilie deutlich macht.

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09.07.2011 16.00 Uhr Vernissage der Ausstellung "FONTANE-LAND"
im Rahmen des alljährlichen Sommerkunstfestivals SEENLANDKUNST beiderseits der Warnow.

Hans-Jürgen Gaudeck wird im Kloster Dobbertin seine Aquarelle ausstellen - inspiriert von den Orten, die Theodor Fontane während der "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" besucht und beschrieben hat.
Wir freuen uns sehr, dass diese Ausstellung, die in der überregionalen Presse überaus positiv aufgenommen wurde, auch bei uns möglich geworden ist. Der Künstler hat der Dobbertiner Ausstellung drei Werke beigegeben, die noch nie gezeigt worden sind und die das Kloster Dobbertin der Reihe von "Fontane-Orten" hinzufügen. Er wird es sich auch nicht nehmen lassen, persönlich an der Vernissage teilzunehmen.
Seien Sie herzlich eingeladen, an der Vernissage teilzunehmen!

09.07. 17.00 Uhr
Im Anschluss an die Ausstellungseröffnung wird Dr. Gotthard Erler, ausgewiesener Fontane-Kenner und wohl bekanntester Fontane-Herausgeber, ein ganz besonders reizvolles Thema behandeln:
"Frauen und Frauenbilder bei Theodor Fontane".

Wir freuen uns mit Ihnen auf einen ganz besonderen gemeinsamen Sommernachmittag!